Amons Wandertipps
Einführung
Nach einigen Jahren Erfahrung mit mehrtägigen Wanderungen auf deutschen
Qualitätswanderwegen möchte ich hier ein paar Tipps weitergeben. Ein paar
Bild-Eindrücke gibt es unter
https://gallery.morpork.de/index.php?/category/wandern
Ich wandere typischerweise 6-8 Tage jeweils ca. 20 km pro Tag, je nach Höhenmetern und
Gelände auch weniger, und übernachte in möglichst einfachen Einzelzimmern mit Frühstück.
Abends gehe ich ins Restaurant für ein einfaches Gericht. Zur Zeit plane ich
mit ca. 80€ pro Wandertag. An- und Abreise sind mit Bahn und ggf. Bus.
Bei dieser Art von Wandern verlangst Du Deinem Körper, vor allem Deinen Füßen, sehr
viel ab. Dafür schuldest Du ihnen gute Ausrüstung, Vorbereitung und Pflege.
Ausrüstung
Gute Ausrüstung ist teuer. Dafür hält sie auch viele Jahre und vermeidet
Probleme, die einem den Spaß am Wandern gründlich verderben können.
Absolut wichtig sind folgende Ausrüstungsgegenstände:
- Zwei Paar gute, gepolsterte Wandersocken, z.B. Falke TK1. Im Zweifel
eine Nummer kleiner kaufen, damit sie auf keinen Fall Falten bilden.
- Gut sitzende Wanderschuhe oder -stiefel. Wegen der guten Haltbarkeit
und der besseren Unterstützung des Fußgelenks bevorzuge ich Lederstiefel,
Synthetik kann aber auch eine gute Wahl sein. Ich empfehle dringend eine
ausführliche Beratung in einem Fachgeschäft, gute Erfahrungen habe ich
wiederholt bei Globetrotter gemacht. Der Aufpreis ist es absolut wert.
Zur Anprobe die vorher gekauften und gewaschenen Wandersocken anziehen.
- Diese Fachgeschäfte bieten oft auch an, die Schuhe bis zu einer Woche
umzutauschen, wenn sie nur im Haus getragen wurden und sauber sind. Ich
finde das zum Testen sehr hilfreich.
- Gut passender, gut einstellbarer Rucksack mit möglichst breitem
Bauchgurt, Größe ca. 30-35 Liter. Wenn die Größe nicht reicht, hast Du zu
viel eingepackt.
- Regenschutz für den Rucksack
- Plastiktüten für den Inhalt des Rucksacks, da der Regenschutz nie ganz
reicht. Es reichen einfache Gefrier- oder Mülltüten. Bei Sammelunterkunft
rücksichtsvoll auf wenig Knistern achten.
- Ein bis zwei gute Trinkflaschen mit zusammen mindestens einem Liter, besser
eineinhalb. Ich habe zwei Stahlflaschen mit je 0,8 Litern, diese sind
leicht, robust, geschmacksneutral und hygienisch.
- Hut oder Mütze als Sonnen- und zusätzlicher Regenschutz. Ich bevorzuge
einen schnell trocknenden Hut mit Nackenschutz, da er rundum schützt.
- Kleines Erste-Hilfe-Pack mit vielen Pflastern. Minimum sind Pflaster,
Schere, Wund-Desinfektions-Spray und Zeckenzange.
- Sonnencreme mit LF 30, Du bist den ganzen Tag draußen, jeden Tag.
- Ggf. Not-Ersatzbrille - kann ja mal was passieren, und ohne ist schlecht.
Praktisch ist folgendes:
- GPS-Gerät mit eingespieltem Track
- maps.me oder ähnlich gute Offline-Navigation auf dem Smartphone, falls
Du eins mitnimmst. Du hast nicht überall Handy-Empfang, deshalb Karten
vorher herunterladen.
- Ggf. auch klassische Wanderkarte, habe ich aber mit GPS auf den
gut beschilderten Qualitätswegen selten gebraucht.
- Leichter und stabiler Regenschirm mit kleinem Packmaß, dieser reicht
meist sogar bei starkem Regen, solange der Wind nicht so stark ist.
- Gute, leichte Regenjacke und -hose für den Fall, dass es echt kalt
wird oder der Schirm nicht reicht. Da man in Regenzeug stark schwitzt,
ziehe ich es nur im Notfall an.
- Wanderhose aus Polyamid mit abnehmbaren Beinteilen. Diese trocknet
schnell, ist leicht, mückendicht, schmutzabweisend und stabil. Am besten
gleich eine zweite als Ersatz.
- Zwei T-Shirts und ein Langarm-Shirt aus Bio-Merino-Wolle. Diese sind leicht und
warm, kleben nicht am Körper, trocknen recht schnell und stinken
frühestens am dritten verschwitzten Wandertag.
- Eng sitzende Unterwäsche. Wenn bei jedem Schritt etwas scheuert, sind
wunde Stellen garantiert.
- Sogenannter Stichheiler, der mit Hitze bei Mückenstichen und
Zeckenbissen das Jucken reduziert bis verhindert.
- Hand-Desinfektionsmittel
- Ausreichend Shampoo, um Wandersocken und Merino-Shirts auszuwaschen.
Diese vertragen kein normales Waschmittel.
- Vorrat an Müsli-Riegeln. Der Zucker-Anteil schafft schnell Energie,
das Getreide verhindert den schnellen Energie-Absturz.
- Zeitung kann man nicht nur lesen, sie trocknet auch hervorragend nasse
Schuhe.
Planung
Eine gute und frühe Planung ist sehr wichtig, da Du beim Wandern nicht mal eben ins
Nachbardorf zur nächsten Unterkunft, zum Einkaufen oder ins Restaurant gehen
kannst. Gerade in beliebten oder kleinen Orten sind Unterkünfte oft knapp,
Restaurants oder Läden gibt es auch nicht überall.
- Plane Anfahrt, jeden einzelnen Wandertag mit Strecke, Unterkunft und
Abendessen und die Rückfahrt.
- Bei den ersten Malen sind 15 km pro Tag schon recht lang, mit
mehr Übung im effizienten Gehen schafft man bald mehr. Denk daran: Ab dem
zweiten Tag mit Muskelkater und evt. Blasen an den Füßen ist die Strecke
gefühlt viel länger. Dafür hat man aber auch den ganzen Tag Zeit.
- Ab und zu ein Pausentag kann helfen, mir ist da schnell langweilig.
- Für jeden Tag notiere Wochentag, Datum, Start, Ende und Länge der
Wanderung, dazu Unterkunft mit Name, Adresse, Telefon, Preis und
ggf. weiteren Anweisungen der Wirte.
- Vor allem dann, wenn Du noch wenig Erfahrung hast, kläre auch Alternativen,
falls eine Tagesstrecke nicht zu schaffen ist. Gibt es Verkehrsmittel
oder Abkürzungen, die einem den Weg erleichtern können?
- Die Fahrten mit möglichst viel Details wie Zeiten, Zugnummer,
Bahnsteig, Reservierung etc. notieren.
- Der gesamte Plan gehört gut lesbar und chronologisch auf Papier.
Du weißt nicht, ob Dein Smartphone die Tour durchhält. Bei Papier ist nie
der Akku alle, gut behandelt und in Plastik geschützt geht es auch nie kaputt.
- Ab dem zweiten Tag läuft das Hirn nur noch auf halber Kraft. Deshalb
achte auf klare und einfache Anweisungen.
- Eine Kopie des Plans bei einer Vertrauensperson schafft zusätzliche
Sicherheit.
Vorbereitung
Wie schon geschrieben, verlangst Du Deinem Körper viel ab. Deshalb
bereite Dich gut vor:
- Kaufe Socken, Schuhe und Rucksack mindestens drei Monate vor der Wanderung
- Gehe danach mit diesen Socken und Schuhen jede Woche mindestens zweimal
4-6 km. Füße und Schuhe müssen sich gut an einander gewöhnen, sonst gibt
es Blasen. Außerdem braucht Dein Fußgewölbe dieses Training, um der
Belastung gewachsen zu sein.
- Wanderschuhe gehören eng geschnürt, damit der Fuß guten Halt hat und
nicht scheuert. Sie sollen aber auch nicht drücken.
- Gerade bei neuen Schuhen je nach Bedarf häufig nachschnüren, wenn
nötig auch alle 100 Meter. Wo es drückt, etwas lockern, wo es rutscht,
fester.
- Die letzten zwei Wochen vor der Tour gehe möglichst viermal pro Woche
und mit beschwertem Rucksack. Auch Rücken, Schultern und Kreuzgelenk
müssen sich an das Gewicht gewöhnen.
Gesundheit
Dein Körper hat viel zu tun. Schmerzen oder Krankheit verderben leicht
die ganze Tour. Achte auf Dich!
- Achte immer auf gut geschnürte Schuhe.
- Bei jeder größeren Pause kontrolliere Deine Füße und lass sie
auslüften und trocknen.
- Schneide die Fußnägel nicht zu kurz, sie schützen die empfindlichen
Zehen-Spitzen.
- Jede beginnende Blase sofort mit Pflaster abkleben. Ist sie erst
groß, wird sie mehrere Tage schmerzen und das Gehen stören. Das kann wegen
der geänderten Haltung zu weiteren Schmerzen führen. Offene Blase ggf.
vor dem Pflastern desinfizieren.
- Sonnencreme ist nicht nur an sonnigen Tagen nötig, auch bei bedecktem
Himmel kommt noch viel Strahlung runter.
- Achte auf Zecken, diese sitzen gerne an Enden von Grashalmen. Abends
kontrollieren und niemals kratzen, ohne vorher hinzusehen.
- Zecke gerade rausziehen, Biss desinfizieren und Stichheiler
draufbratzen. Dieser hilft auch gut bei frischen Mückenstichen.
- Apropos kratzen: Aufgekratzte Stiche entzünden sich gerne. Lass es
lieber. Wenn es doch passiert: Immer desinfizieren.
- Achte überall auf gute Hand-Hygiene und halte Abstand. Fasse nichts
ungeschützt an, was andere anfassen: Türdrücker, Knöpfe, Geländer,
Haltestangen, Bestecke, Kannen etc. Falls unvermeidbar, z.B. nur mit Ärmel
oder Mütze anfassen.
- Bei den üblichen Frühstücks-Buffets mit gemeinsam genutztem
Auffüllbesteck, Kannen, Flaschen, Messern, Zangen, Warmhaltern etc. empfehle ich das
Konzept der Buffet-Hand: Nur die rechte Hand berührt, was andere anfassen,
nur die linke Hand berührt das eigene Essen. Nach dem Frühstück Hände waschen.
- Mit kontaminierter Hand nicht ins Gesicht fassen - das fällt sehr
vielen Menschen sichtlich schwer. Möglichst bald gut waschen oder
desinfizieren.
- Mangelnde Hygiene hat schon vielen den Urlaub verdorben, das Noro-Virus
lässt speziell grüßen.
Unterwegs
- Ich frage morgens freundlich, ob ich zwei Brötchen oder Brotscheiben
für unterwegs mitnehmen darf, und biete an, diese auch zu bezahlen.
Meistens ist das kein Problem.
- Die Tages-Strecke teile ich in drei etwa gleiche Teile. Nach dem ersten
Drittel gibt es ein zweites Frühstück, nach dem zweiten Mittag. Die
Aufteilung schafft motivierende Zwischenziele und erhält die Kraft.
- Manchmal gibt es über einige Kilometer keine Sitzmöglichkeit, da muss
man halt flexibel sein. Das gilt vor allem bei Regen, dann die wenigen
trockenen Bänke zeitig nutzen.
- Je nach Bedarf mach zusätzliche Trinkpausen.
- Die besten Gespräche ergeben sich oft zufällig unterwegs, sei immer
offen dafür und schaffe Dir zusätzliche gute Erinnerungen. Zuhören ist
meist besser als Reden.
- Falls Du Fotos machst, mache von jeder Unterkunft ein zusätzliches
Foto. Dieses hilft später enorm, die Fotos und die Erinnerungen zuzuordnen
und zu strukturieren.
- In der Unterkunft bist Du Gast. Bitte sei immer nett, freundlich und
rücksichtsvoll, dann wird die Wirtin auch die nächsten Gäste gerne aufnehmen.
- Abends das getragene Paar Socken und evt. ein Merino-Shirt auswaschen,
ausdrücken (nicht wringen!) und aufhängen. Wenn die Wäsche morgens nicht trocken ist,
außen an den Rucksack hängen oder an Regentagen mit Fön trocknen, falls einer
da ist.
- Wenn die Unterkunft Handtücher bereitstellt, nach dem Ausdrücken in ein
Handtuch einrollen und kräftig kneten. Die Sachen sind dann schon halb trocken.
- Falls keine gute Aufhängmöglichkeit da ist, spann den Regenschirm auf,
leg ihn auf den Boden und breite die Sachen darauf aus.
- Über Nacht immer die Einlagen aus den Stiefeln nehmen und nasse Sachen
trocknen, den Rucksack selber nicht vergessen.
- Sind die Schuhe nass, abends jeweils eine Seite Zeitung reinstopfen.
Diese trocknet die Schuhe von innen und kann morgens in den Müll.
Lederstiefel nicht auf der Heizung trocken, das Leder wird davon rissig.
- Falls am Weg eine Bäckerei auftaucht: Ein Stück Kuchen als Nachtisch
mitnehmen, das bessert die Laune immer auf.
Amon Ott , 01. Juni 2024